Es werden daher keine Tickets verkauft und auch keine Anmeldungen für die öffentlichen Veranstaltungen entgegen genommen. Wir empfehlen, mindestens 15 Minuten vor Beginn der Veranstaltungen vor Ort zu sein, bei Abendveranstaltungen 30 Minuten vorher.
Für die kostenpflichtige Abschlussveranstaltung im Maxim Gorki Theater können Tickets zu 5 €/ermäßigt 3 € beim Gorki erworben werden: www.gorki.de
Hinweise zur Anreise mit dem PKW: Wegen einer Baustelle vor dem CHB kann man in der Dorotheenstraße nicht parken. Zu empfehlen ist die Anfahrt über Unter den Linden. Besser ist die Anfahrt mit der Tram oder S-Bahn zur Friedrichstraße. Am besten per Rad.
Fachpublikum:
Die Workshops und Veranstaltungen am Vormittag richten sich vor allem an haupt- oder nebenberufliche Übersetzer:innen. Zu den Workshops am 1. und 3. Oktober und den Spielsessions (siehe Yours Translatefully am 1.10.) kann sich jede/r mit Übersetzungsvorkenntnissen anmelden unter: info@translationale-berlin.de
Breite Öffentlichkeit:
Die Veranstaltungen ab Mittag sind für ein breites Publikum konzipiert.
Willkommen sind jedoch zu jeder Zeit alle, die Interesse haben!
Alle Veranstaltungen des Festivals für die breite Öffentlichkeit (ab 13 Uhr) werden auf dieser Webseite und der Webseite des Collegium Hungaricum Berlin gestreamt.
Fantasieren, erzählen, übersetzen! Auf der Grundlage von sinnesanregendem Material entwickelt die Deutschlernklasse der Willy-Brandt-Schule eine Geschichte. Da jedes Kind frei entscheidet, wie es erzählt, entsteht ein vielsprachiger Text. Gemeinsam wird dieser dann ins Deutsche übersetzt, wobei der spielerische Umgang mit Laut und Wort, das freie Assoziieren und Experimentieren mit Ausdrucksformen im Vordergrund stehen. Abschließend präsentieren die Schüler:innen ihre Geschichte im Original und in der Übersetzung. Mit: Kathrin Janka (Stolzenhagen)
Ella und ihre Freunde als Babysitter? Kann das gut gehen? Der Lehrer braucht ganz dringend Urlaub, außerdem hat er Hochzeitstag. Also plant er einen romantischen Ausflug ins Badeparadies mit seiner Frau. Als Ella und ihre Freunde jedoch aus Versehen die Babysitterin vergraulen, müssen sie selbst einspringen und auf die Kinder des Lehrers aufpassen. Prompt beginnt die kleine Anna zu weinen, und Otsos Windel stinkt bestialisch… Elina Kritzokat liest aus dem von ihr übersetzten Buch Ella und ihre Freunde als Babysitter von Timo Parvela und spricht mit den Schülerinnen und Schülern der 4. Klasse der Kreuzberger Adolf-Glaßbrenner-Grundschule über Mehrsprachigkeit, Übersetzen und das Leben als Schulklasse, gefolgt von spielerischen Übungen. Wie gehen wir selbst mit Sprache um – und mit lustigen, aber chaotischen Situationen in der Gruppe? Mit: Elina Kritzokat (Berlin)
18:00-20:00 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG; Eröffnungsreden gedolmetscht von Deutsch in Englisch von Anna Johannsen, die Lesung von Englisch in Deutsch von Alexander Filyuta
Eröffnung der translationale berlin 2022, gefolgt von: Den Krieg übersetzen. Lyrik aus der Ukraine
Es könnte so scheinen, als ob der Krieg alle zum Schweigen brächte und keinen Raum für Kunst und Kreativität ließe. Die russische Invasion hat jedoch eine Eruption zeitgenössischer ukrainischer Poesie ausgelöst. Die Dichtung ermöglicht eine direkte Reflexion über aktuelle Ereignisse. Sie ist impulsiv und scharf, emotional und erfasst doch Tatsachen. In ihr sprechen Stimmen des Krieges, die von der Welt gehört werden müssen. In Zeiten des Krieges ist die Rolle der Übersetzung wichtiger denn je. Heute geht es um die Übersetzung von Schmerz und Trauma in Worte. Und die Übersetzung dieser Worte in eine andere Sprache. Poesie kann heute auch ein Mittel zum Kampf sein. Nach Lesungen aktueller Kriegslyrik auf Ukrainisch und in deutscher Übersetzung folgt ein Gespräch auf Englisch. Mit: Lesyk Panasiuk (Bucha/Khmelnytskyj, UA), Daryna Gladun (Bucha, UA/Hanover (NH), USA), Hryhorij Semenchuk (Lwiw, UA), Tania Rodionova (Khmelnytskyj/Iwano-Frankiwsk, UA); Moderation: Dzvinka Pinchuk (Kyjiw, UA) und Asmus Trautsch (Berlin) In Kooperation mit TRANSLATORIUM, Festival für Literatur und Übersetzung (Khmelnytskyj, Ukraine).
20:30-22:15Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, Diskussion gedolmetscht von Ukrainisch in Deutsch von Anna Kolomiitseva
AMADOKA in der Sprache zeitgenössischer Musik. Eine musikalische Übersetzung des Romans von Sofia Andruchowytsch
AMADOKA: ein Konzert zeitgenössischer Ensemblemusik, das auf dem gleichnamigen Roman von Sofia Andruchowytsch basiert. In drei Teilen werden traumatische Perioden der ukrainischen Geschichte beschrieben, in denen die ukrainische Identität, Kultur und das Leben vieler Menschen zerstört worden sind. Der Roman Amadoka verwebt die Geschichte eng mit der Gegenwart: die stalinistischen Repressionen gegen die ukrainischen Intellektuellen und die Vernichtung der Juden in einer westukrainischen Stadt manifestieren sich als nicht verheilte Wunden im Leben des modernen Kyjiw. Die Legende vom See Amadoka, der auf mittelalterlichen Karten des ukrainischen Territoriums eingezeichnet war, wird zu einem Bild für den unwiederbringlichen Verlust von Fakten, Wissen und Erinnerungen. Wie ist es möglich, Ausgangspunkte für die Wiederherstellung des kulturellen Gedächtnisses in der Ukraine zu finden, wenn diese Grundlage verloren ist? Drei ukrainische Komponisten haben den Text in Sprachformen zeitgenössischer Musik übersetzt, um den tiefen Themen des Romans auf klangliche Weise näherzukommen. Mit: Maxim Kolomijets (Kyjiw, UA), Boris Loginov (Kyjiw, UA), Albert Saprykin (Kyjiw, UA), Komposition Olena Antonik (Kyjiw, UA), Klavier; Nina Guo (Berlin), Gesang; Mariia Khylko (Kyjiw, UA), Orgel; Caleb Salgado (Berlin), Kontrabass; Orest Smovzh (Lwiw, UA), Violine; Ingólfur Viljálmsson (Berlin), Klarinette Anna Jordan (Berlin), Videoprojektion Zoltán Demeter (Berlin), Technik Panel: Sofia Andruchowytsch (Ivano-Frankivsk, UA), Maxim Kolomijets, Boris Loginov, Albert Saprykin, Veronika Yadukha (Kyjiw, UA); Moderation: Alexander Kratochvil (…) Projektleitung: Veronika Yadukha In Kooperation mit TRANSLATORIUM, Festival für Literatur und Übersetzung (Khmelnytskyj, Ukraine).
Die Übersetzung von Kriegslyrik hat ihre Besonderheiten: lexikalische, kulturelle und geografische Gegebenheiten eines anderen Landes, Perspektiven auf Kriegsgeschehen und Traumata, Unübersetzbarkeiten. Gemeinsam werden wir versuchen, die Strukturen beim Übersetzen von Texten dieses Genres zu verstehen: Wir werden darüber nachdenken, wie wir in der Übersetzung die Differenziertheit der Emotionen bewahren können und wie wichtig es ist, den Bezug von Inhalt und Form in der Übersetzung zu erhalten. Im Rahmen des Workshops wird die Praxis des kollaborativen Übersetzens erprobt, die uns ermöglicht, die Texte eingehend multiperspektivisch zu studieren und zu übertragen. Der Workshop wird von den Mitgliedern der Übersetzergruppe VERBatsiya (mit Sitz in Khmelnytskyj, Ukraine) geleitet, die seit neun Jahren kollaboratives Übersetzen praktizieren und die Besonderheiten einer solchen Übersetzung aus eigener Erfahrung kennen. Eingeladen zur Teilnahme sind sowohl erfahrene Übersetzer:innen als auch solche, die gerade erst mit dem Übersetzen aus dem Ukrainischen beginnen. Der Workshop wird in deutscher und englischer Sprache abgehalten. Mit: Yuliia Didokha (Khmelnytskyj, UA), Tania Rodiovona (Iwano-Frankiwsk, UA) und Veronika Yadukha (Kyjiw, UA) (Mitglieder des Übersetzer-Kollektivs VERBatsiya)
Im Jahre 2021 hat die Initiative Translators in Action das Brettspiel über das Leben als Literaturübersetzer:in in der Ukraine entwickelt. In humorvoller Form erläutert es die grundlegenden Beziehungen der fairen Arbeitsverhältnisse und die prekären Bedingungen, der die Übersetzer:innen ausgesetzt sind. Einen besonderen Schwerpunkt bilden die Fragen der eigentlichen Textarbeit und witzige übersetzerische Situationen, die durch kulturelle, historische oder Genderimplikationen der Arbeitssprachen entstehen können, sowie die Besonderheiten der Kommunikation mit Autor:innen und Verlagen. Das Spiel ist im Rahmen der deutsch-ukrainischen ViceVersa-Werkstatt ins Deutsche übersetzt und weiter entwickelt worden. Die Werkstattergebnisse werden in zwei komplementären Formaten vorgestellt. Mit: Nelia Vakhovska (Kyjiw, UA), Claudia Dathe (Jena), Sofia Onufriv (Berlin) und Annegret Becker (Greifswald) Eine Veranstaltung in Kooperation mit der Initiative TIA – Translators in Action und ViceVersa des TOLEDO-Programms
Die Spielentwickler:innen bieten drei Sessions an, in denen Yours translatefully spielerisch entdeckt werden kann. Sie dauern jeweils etwa 1-1,5 Stunden: Samstag, 1.10.2022, 13:00 Uhr Sonntag, 2.10.2022, 12:00 Uhr Sonntag, 2.10.2022, 15:00 Uhr Melden Sie sich gerne vorab online unter info@translationale-berlin.de oder spontan auf dem Festival dazu an!
Franz Fühmann war nicht nur ein bedeutender Autor, er übertrug auch Lyrik aus dem Ungarischen und machte sich einen Namen als Nachdichter. Ihm und Paul Kárpáti mit dessen Hilfe er anhand von Interlinearübersetzungen ungarische Gedichte u.a. von Endre Ady, Attila József, Ágnes Nemes Nagy sowie Miklós Radnóti und Milán Füst ins Deutsche „über-setzte”, verdankte die ungarische Poesie zu DDR-Zeiten eine breite Rezeption im gesamten deutschen Sprachraum. In der vom Collegium Hungaricum initiierten Veranstaltung zu Fühmanns Berufung als Nachdichter aus dem Ungarischen beleuchten Orsolya Kalász, Monika Rinck, Christian Filips und Theresia Prammer verschiedene Verfahren von Nachdichtung und kollektiver Lyrikübersetzung. Mit: Orsolya Kalász (Berlin), Monika Rinck (Berlin), Christian Filips (Berlin) und Theresia Prammer (Berlin); Moderation: Gregor Dotzauer (Berlin)
14:30-15:45 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, gedolmetscht von Englisch in Deutsch von Alexander Filyuta
„Mehrsprachigkeit ist der Sauerstoff einer Kultur“, sagt Ngũgĩ wa Thiong’o, der seine Werke auf Kikuyu schreibt und immer wieder gegen eine hegemoniale eurozentrierte Sprachpolitik eintritt. Wie steht es um die Übersetzungskultur auf dem afrikanischen Kontinent, einem Eldorado der Mehrsprachigkeit? Welche Austauschbeziehungen haben sich zwischen den afrikanischen Sprachen etabliert, welche Hürden sind für weitere Verflechtungen zu überwinden? Darüber spricht der Professor für afrikanische Literaturen Rémi Tchokothe mit der Autorin und Übersetzungswissenschaftlerin Wangui wa Goro, die in und aus Swahili, Kikuyu, Italienisch, Französisch und Englisch übersetzt. Mit: Rémi Armand Tchokothe (Wien, AT) und Wangui wa Goro (Abidjan, CI)
16:30-17:45 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, gedolmetscht von Englisch in Deutsch von Alexander Filyuta
Die Literaturszene Indonesiens ist wie das Land selbst enorm vielfältig. Verlage spiegeln mit ihren Publikationen diese Vielfalt wider und machen sich mit übersetzten Texten zudem für literarischen Austausch über viele Grenzen hinaus stark. Übersetzer:innen bringen neben ihrer sprachlichen Expertise auch ihr Wissen über internationale Literaturen und Kulturen mit in die indonesische Kultur ein. Tiya Hapitiawati, Übersetzerin deutschsprachiger Literatur, und Eka Kurniawan, vielfach ausgezeichneter Autor und Gründer des Verlags Moooi Pustaka, sind zwei solcher Brückenbauer. Im Gespräch mit Sabine Müller, Übersetzerin aus dem Indonesischen, geben sie Einblicke in ihre Arbeit in dem inselreichen Land. Mit: Tiya Hapitiawati (Bogor, ID) und Eka Kurniawan (Jakarta, ID); Moderation: Sabine Müller (Köln)
18:00-19:15 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, gedolmetscht von Deutsch in Englisch von Lilian Astrid Geese
Buchpremiere und TOLEDO-Journal: Schreiben und Übersetzen in Zeiten der Aufbrüche: Zur Übersetzung des Romans Jeder Aufbruch ist ein kleiner Tod von Ivana Sajko
Ivana Sajkos atemlos erzähltem Roman, der sich von einer persönlichen Lebensgeschichte zu einer schonungslosen Bestandsaufnahme unserer Epoche entwickelt, wohnt eine philosophische Betrachtung von Vergänglichkeit inne, die nur durch das Schreiben begreiflich wird. In ihrem TOLEDO-Journal berichtet Alida Bremer im Dialog mit der Autorin, wie sie beim Übersetzen dieses Romans über den Aufbruch eines Menschen, der sein altes Leben verlässt und in der Fremde ein neues wagt, zu ihrer persönlichen Auseinandersetzung mit der Frage des Abschieds und der Unmöglichkeit der Rückkehr gefunden hat. Der Roman erscheint am 29. September bei Voland & Quist. Mit: Alida Bremer (Münster) und Ivana Sajko (Berlin); Moderation: Katy Derbyshire (Berlin)
20:00-21:30 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, gedolmetscht von Deutsch in Englisch von Isabel Frey
Eine tief deprimierende Erfahrung nannte der kürzlich verstorbene große Sprachwissenschaftler Harald Weinrich die Begegnung mit Menschen, die wir nicht verstehen, weil sie eine andere Sprache sprechen. Die Existenz verschiedener Sprachen ist in unserer Kultur als tiefes Unglück und Strafe Gottes gefasst worden. Wie sich der europäische Geist aus dieser Vorstellung befreit und die Sprachen als Glück erfahrbar macht, wird Jürgen Trabant in seiner Festivalrede skizzieren, auf die ein Gespräch folgt. Er geht davon aus, dass Übersetzer:innen glückliche Menschen sind: Sie stürzen sich in dunkle Abgründe fremder Sprachwelten und arbeiten sich aus diesen ans Licht der Zielsprachenwelt empor. Was für ein Triumph, wenn es gelingt. Ihn können wir erst ermessen, seitdem wir wissen, was Sprachen sind. Mit: Jürgen Trabant (Berlin) Moderation: Dorota Stroińska und Asmus Trautsch
Sonntag, 02. Oktober 2022
11:00-12:30 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG
Übersetzen und forschen: Zur Kollektivübersetzung von Les mondes de l´esclavage
Ein Übersetzungsprojekt möchte Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungs- und Wissenshorizonten zusammenbringen, um Wissen auszutauschen, einander zu mentorieren und zu lektorieren. Übersetzt werden soll der umfangreiche französische Sammelband Les mondes de l´esclavage, der eine vergleichende Geschichte der Sklaverei präsentiert. Für das Übersetzungsprojekt werden noch Teilnehmende gesucht (Kontakt: mondes.uebersetzen@gmail.com). Das Diskussionspanel mit Vertreter:innen aus Studium, Übersetzungspraxis und Wissenschaft vom Peter Szondi-Institut der Freien Universität Berlin und dem Verleger der deutschen Übersetzung stellt das aktuelle Projekt vor. Die Teilnehmer:innen werden aus verschiedenen Perspektiven die Möglichkeiten der Zusammenarbeit sowie Berührungspunkte und Trennlinien zwischen Übersetzungspraxis, Erfahrungswissen und Wissenschaft erörtern. Mit: Jennifer Dummer (Berlin), Edmund Jacoby (Berlin), N.N.; Moderation: Esther von der Osten (Berlin) In Kooperation mit dem Peter Szondi-Institut der Freien Universität Berlin
Wer Sachbücher übersetzt, steht nicht nur vor der Herausforderung, einen informationsreichen Text in eine gut lesbare Form zu bringen, sondern muss sich meist selbst in die Materie einarbeiten, muss recherchieren, Fußnoten schreiben und Glossare erstellen. Während Andrea Hemminger vor allem für die Übersetzung der Schriften Michel Foucaults bekannt ist, hat sich Eva Bonné auf englischsprachige Autor:innen wie Rachel Cusk fokussiert. Zuletzt sind zwei recht unterschiedliche Sachbücher in ihren Übersetzungen erschienen: In Überfluss und Freiheit erkennt der Philosoph Pierre Charbonnier die ökologische Krise der Gegenwart als Chance zum Umdenken und verantwortlichen Handeln. Die Politikwissenschaftlerin Lea Ypi reflektiert in Frei – Erwachsenwerden am Ende der Geschichte aus der Beschreibung ihrer Kindheit im kommunistischen Albanien heraus den Umgang mit Freiheit und Wahrheit in Zeiten des Umbruchs. Mit:Andrea Hemminger (Gagnac-sur-Cère, FR) und Eva Bonné (Berlin); Moderation: Nora Bierich (Berlin)
Dass Vergnügen an einer Fremdsprache und an der verfremdeten Sprache der Literatur die Hauptmotivation zum Übersetzen sind, spürt man gleich bei der brasilianischen Lyrikerin und Übersetzerin Simone Homem de Mello. Im Gespräch mit dem Übersetzer Luis Ruby erzählt sie von ihrer Beziehung zur deutschen Sprache und zu modernen sowie zeitgenössischen Dichtern wie Thomas Kling, Peter Handke, Paul Celan, denen sie sich in ihrer Übersetzungs- und Forschungsarbeit widmet. Welche Traditionen brasilianischer Lyrikübersetzung haben sie geprägt? Welche eigenen theoretischen Überlegungen liegen ihrem übersetzerischen Schreiben zugrunde? Auch über ihre Erfahrungen in der institutionellen Arbeit als Leiterin eines Studienzentrums für Literaturübersetzung in São Paulo wird Simone Homem de Mello in der Porträtveranstaltung sprechen. Mit: Mit Simone Homem de Mello (São Paulo, BR) und Luis Ruby (München)
16:00-19:00 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, gedolmetscht von Deutsch in Englisch von Isabel Frey und Anna Johannsen
16:00-17:30 Uhr: Impulsvorträge zum Thema Narrative über Mittel- und Osteuropa „Die Ukraine ist gespalten in einen europäisch orientierten Westen und einen nach Russland orientierten Osten.“ „Wir müssen mit Russland vorsichtig umgehen wegen seiner immensen Opfer im Zweiten Weltkrieg.“ Aussagen wie diese prägen vielfach die Argumentationen westlicher Intellektueller und Meinungsführer über Mittel- und Osteuropa und bilden die Grundlage für konkretes politisches und kulturelles Handeln. Sie sind das Ergebnis von wirkmächtigen Erzählungen über diesen Raum, die sich in komplexen Kommunikationsprozessen etabliert haben und immer wieder reproduziert werden. In dem Panel werden Entstehungs- und Wirkmechanismen von Narrativen über und in Mittel- und Osteuropa aufgezeigt und diskutiert. Thema 1: Erzählen Sprecher: Jurko Prochasko (Lwiw, UA) Narrative entstehen aus sich wiederholenden Erzählungen über historische Ereignisse und Entwicklungen und sind geprägt von geteilter und reproduzierter Erfahrung bestimmter Gemeinschaften. Wie erzählt man in der Ukraine die eigene Geschichte? Wer erzählt? Warum verschwinden bestimmte Facetten oder werden im Laufe der Jahre unter neuen historischen Bedingungen anders erzählt und mit neuen Bedeutungen verbunden? Welche Rituale gibt es, um die so entstandenen Narrative weiterzugeben und im kollektiven Gedächtnis zu verankern? Thema 2: Verdrängen Sprecher: Lothar Quinkenstein (Berlin) Historische Ereignisse und Entwicklungen sind der Ausgangspunkt für die Herausbildung von Narrativen. Warum werden bestimmte Details von Ereignissen im Prozess des Erzählens verschwiegen und verdrängt? Welche Spuren hinterlassen Verschweigen und Verdrängen in der Erinnerungskultur einer Gemeinschaft? Thema 3: Verstehen Sprecherin: Alida Bremer (Münster) Narrative entstehen in bestimmten Kommunikationsgemeinschaften. Im sich verflechtenden Europa sind diese Gemeinschaften nicht abgeschlossen, sondern treten miteinander in Austausch. Was passiert, wenn Narrative zu zirkulieren beginnen? Wie werden sie von anderen Gemeinschaften verstanden, interpretiert, verändert und an eigene Erfahrungswelten angepasst? Welche Rolle nehmen hier das Übersetzen und die Übersetzenden ein? Im Anschluss folgt ein Gespräch der Vortragenden. Mit: Alida Bremer, Jurko Prochasko, Lothar Quinkenstein; Moderation: Claudia Dathe (Jena) 17:45-19:00 Uhr: Was fehlt wo? Übersetzungsperformance und Reflexion zu mangelnder Zirkulation von Literatur Übersetzerinnen aus Belarus, Tschechien und der Ukraine zeigen in einer experimentellen Performance Lücken in der Zirkulation von Literatur auf und diskutieren die Gründe dafür. Dabei betrachten sie die Spezifik kultureller Vermittlungsprozesse zwischen mehr und weniger intensiv wahrgenommenen Literaturen. Mit: Iryna Herasimovich (Zürich, CH/Minsk, BY), Nelia Vakhovska (Kyjiw, UA), Martina Lisa (Leipzig); Moderation: Kateryna Mishchenko (Berlin/Kyjiw, UA) Gastkuratorin: Claudia Dathe
20:00-23:00 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, Vortrag von Tak Heyer-Chybowski gedolmetscht von Deutsch in Englisch von Isabel Frey und Anna Johannsen; Diskussion zum Jiddischen gedolmetscht von Englisch in Deutsch von Alexander Filyuta
Jiddisch ist eine europäische Sprache par excellence. Als Produkt der Emigration und der Diaspora der aschkenasischen Juden hat sie physische wie kulturelle Grenzen überwunden und verbindet Amsterdam mit Lublin, Basel mit Prag, Frankfurt mit Kaunas, Odessa mit Berlin… Ihre lokalen Dialekte und translokalen literarischen Stile haben über Jahrhunderte hinweg Kontinuitäten auf dem gesamten Kontinent geschaffen, die der Nationalsozialismus zerstören wollte. Heute existiert das Jiddische in Europa weiter, kleiner und marginaler als je zuvor. In ihm schwingt die Vergangenheit und Gegenwart dieses Kontinents mit. Die moderne jiddische Literatur entstand in subversiver Opposition zu den literarischen Kulturen des modernen europäischen Nationalstaates. Ihre zeitgenössischen Übersetzungen in europäische Sprachen sind ein Spiegel dessen, was Europa vergessen hat und was es noch werden kann. Wie lebendig und sinnlich das Jiddische ist, erleben wir im anschließenden Konzert. Der in Detroit geborene Barde Daniel Kahn bestreitet ein radikales Programm mit neuen und alten Liedern, geschmuggelt über die Grenzen von Jiddisch, Englisch, Russisch, Deutsch, über die von Vergangenheit und Zukunft. Eine zeitgemäße Sammlung aus brüchigen Balladen, windschiefem Klezmer, Gefängnislamentos, Revolutionshymnen und apokalyptischem Blues. Das Programm wird begleitet und geziert von projizierten Bildern und Übertiteln der Videokünstlerin und Übersetzerin Yeva Lapsker. 20:00 Uhr Vortrag: Jiddisch, eine europäische Sprache in Übersetzung Mit: Tal Hever-Chybowski (Paris, FR) 21:00 Uhr Podiumsdiskussion: Vom Jiddischen ins Polnische, Deutsche und Französische Mit: Karolina Szymaniak (Warschau, PL) und Efrat Gal-Ed (Köln); Moderation: Tal Hever-Chybowski 22:00 Uhr Konzert: Übersetzung als Wortschmuggel Mit: Daniel Kahn (Hamburg) und Yeva Lapsker (Hamburg) Gastkurator: Tal Hever-Chybowski
Die Übersetzung ist eine Vermittlung zwischen zwei (oder mehr) unterschiedlichen Sprachen und deshalb eine Vermittlung zwischen Welten. Übersetzer:innen sind daher auch Umschreiber:innen mit einer großen Verantwortung und müssen mit vielen Sensibilitäten ausgestattet sein. Welche Fragen sollte sich ein/e Umschreiber:in also stellen? Wie soll man mit fremden Texten umgehen und über die eigene Sprache denken? In diesem dreisprachigen Workshop für Übersetzungsanfänger:innen befassen wir uns mit angewandten Methoden anhand der wohl komplexesten Art von Übersetzungen—Lyrikübersetzung. Die Teilnehmer:innen sollten neben Deutsch auch über Sprachkenntnisse in Englisch ODER Arabisch verfügen. Mit: Sam Zamrik (Berlin) und Sandra Hetzl (Berlin)
Wie kann das gehen: der Qualität einer Übersetzung in einer ernsthaften Literaturkritik gerecht zu werden? Oder geht das gar nicht ohne Kenntnis der Ausgangssprache, wie manche behaupten? Andere wünschen sich mehr Sprachkritik in Rezensionen, das führe auch zu bewussterem Umgang mit der Leistung der Urheber:innen des übersetzten Werks. Würde die Kritik dann weniger über einzelne Beispiele „stolpern“? Sollten den Übersetzungen Nachworte der Übersetzer*innen folgen, in denen sie ihre Strategie in Bezug auf die Gesamtheit des Textes erläutern? Komplexe Fragen, die erfahrene Praktiker:innen aus dem Literaturbetrieb miteinander diskutieren. Mit: Katharina Borchardt (Berlin), Claudia Kramatschek (Leimen), Dr. Thomas Wörtche (Berlin); Moderation: Anita Djafari (Wehrheim)
Comicübersetzer:innen lesen zweimal: Nicht nur der Text, auch das Bild verlangt ihre ganze Aufmerksamkeit. Jean-Baptiste Coursaud und Lilian Pithan bearbeiten dasselbe Sprachenpaar, allerdings aus unterschiedlichen Richtungen. Jean-Baptiste übersetzt u.a. Uli Oesterle, Mikaël Ross und Hannah Brinkmann ins Französische. Lilian gibt Luz, Camille Jourdy und Hervé Tanquerelle eine deutsche Stimme. Im Gespräch zeigen sie die Möglichkeiten und Grenzen der Comicübersetzung auf. An konkreten Textbeispielen diskutieren sie ihre Arbeit und laden das Publikum ein, Lösungen für besonders schwierige Wort-Bild-Spiele zu finden. Mit: Jean-Baptiste Coursaud (Berlin) und Lilian Pithan (Berlin)
14:30-16:00 Uhr
Moholy-Nagy Saal, 2. OG, gedolmetscht von Ungarisch in Deutsch von Natália Rózsa
2021 und 2022 begab sich TOLEDO mit der Reihe Cities of Translators nach Budapest. Mit Videos, Interviews, Essays, einer interaktiven Karte, Fotos und Podcast-Folgen erkundete TOLEDO, zusammen mit den Kuratorinnen Lídia Nádori, Orsolya Kalász und Kata Veress, die Cafés und Arbeitszimmer ungarischer Übersetzer:innen, um herauszufinden, warum das Übersetzen eine so herausragende Rolle in der ungarischen Kultur spielt. Zwei namhafte Persönlichkeiten aus Ungarn kommen heute miteinander ins Gespräch, deren Lebenswege und Schaffen bei allen Verschiedenheiten wichtige Gemeinsamkeiten aufweisen. Sie erleben, forschen und beschreiben Isolation in der Sprache und in der Kultur. Mit: Gábor Csordás und Melinda Rézműves (Budapest, HU); Moderation: Lídia Nádori (Budapest, HU) Musik: János Bujdosó (Budapest, HU)
Bei der Leipziger Buchmesse wurden 2022 drei Bücher prämiert, die alle von der Kunst des Übersetzens handeln: Tomer Gardis teils auf broken German verfasster, teils aus dem Hebräischen übersetzter Roman Eine runde Sache, Anne Webers Übersetzung von Cécile Wajsbrots Roman Nevermore und Uljana Wolfs Essay Etymologischer Gossip, in dem sie die Differenzen und Unschärfen beim Übersetzen produktiv zu machen versucht. Die drei Preisträger:innen lesen aus ihren Büchern und sprechen über die Poesie des Übersetzens, über das Unübersetzbare und das Jonglieren zwischen den Worten, über Fremdsprechen, Fehler, Falsche Freunde, über Sabotage und nationale Sprachen. In Kooperation mit dem Berliner Gorki-Theater Mit: Tomer Gardi (Berlin), Anne Weber (Paris, FR) und Uljana Wolf (Berlin); Moderation: Marie Luise Knott (Berlin)
Im Anschluss an die Abschlussveranstaltung laden wir Sie zu einem Glas Wein im Collegium Hungaricum Berlin ein.